Scheinselbstständigkeit

Scheinselbstständigkeit

Was sich hinter diesem Begriff verbirgt und welche Gefahren auf Sie lauern.
Wie ein Damokles-Schwert schwebt der Begriff der Scheinselbständigkeit über einem
Auftragsverhältnis, welches Sie mit einem Soloselbständigen eingehen.
Aber was genau ist nun „Scheinselbständigkeit“?
Einfach gesagt wird eine Scheinselbständigkeit vermutet, wenn der von Ihnen beauftragte
Unternehmer in Ihrem Betrieb so integriert ist, als ob er bei Ihnen angestellt wäre.
Und dies missfällt dem Gesetzgeber. Denn der von Ihnen beauftragte Unternehmer zahlt keine
Beiträge in die gesetzliche Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung. Außerdem fällt dieser
nicht unter das Arbeitnehmerschutzgesetz. Sie müssen ihm keinen Urlaub gewähren und wenn er
krank ist, fallen bei Ihnen keinerlei Kosten an. Auch können Sie das Auftragsverhältnis von heute auf
morgen kündigen.
Folgende Komponenten deuten auf ein Angestelltenverhältnis hin:
– Sie geben die Arbeitszeit vor.
– ihr Auftragnehmer verwendet Ihr Zeiterfassungssystem.
– Er hat Anspruch auf Urlaub.
– Er erhält Anweisungen zur Art der Tätigkeit, muss sich an Arbeitsanweisungen halten und
erhält Vorgaben zur Arbeitsweise.
– Ein festgelegtes Aufgabengebiet wird vorgegeben.
– Der Arbeitsort des Auftragnehmers wird festgelegt bzw. bei Außendienstmitarbeitenden
wird das Einsatzgebiet festgelegt.
– Im Krankheitsfall wird das Entgelt weitergezahlt.
– Der Auftragnehmer war bereits früher in der gleichen Tätigkeit bei Ihnen beschäftigt.
– Der Auftragnehmer verfügt nicht über eine eigene Betriebsstätte
Dagegen spricht viel für die Selbständigkeit, wenn
– der Auftragnehmer für das Ergebnis seiner Arbeit bezahlt wird und der zeitliche Aufwand
unrelevant ist.
– er einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt.
– eigenes Werkzeug und Material verwendet wird.
– er nach Außen in Erscheinung tritt, in dem er Werbung mit eigenem Corporate Design macht
und über eine Website verfügt.
Die vorstehende Auflistung ist exemplarisch. Weitere Kriterien können bei der Beurteilung eine Rolle
spielen.

Scheinselbständigkeit liegt vor und dann…
Die Überprüfung der Auftragsverhältnisse mit Soloselbständigen ist eine beliebte Spielwiese der
Prüfer der Deutschen Rentenversicherung. Warum dies so ist, wird Ihnen gleich sehr schnell klar: Die
Deutsche Rentenversicherung kommt regelmäßig alle 3 – 4 Jahre zum Prüfen in Ihr Unternehmen.
Wird er Prüfer fündig und stellt eine Scheinselbständigkeit für einen Auftragnehmer von Ihnen fest,
so hat er ein Mehrergebnis in Höhe der gesetzlichen Sozialversicherung. Diese setzt sich auf Renten-
, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zusammen. Insgesamt sind dies derzeit 38,65%. Im
schlimmsten Fall werden nun für 4 Jahre die Beiträge nacherhoben. Da Sie den Arbeitnehmeranteil

lediglich für 3 Monate rückwirkend von dem Auftragnehmer zurückverlangen können, bleibt der
Löwenanteil an Ihnen hängen. Und dies kann schnell zu Nachforderungen im 5-stelligen Bereich
führen.
Wie können Sie die Gefahr vermeiden?
Hier hat die Deutsche Rentenversicherung eine Lösung geschaffen, womit Sie im Vorfeld die
Scheinselbständigkeit ausschließen können: das Statusfeststellungsverfahren.
Bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherungen können Sie oder Ihr Auftragnehmer das
Statusfeststellungsverfahren beantragen. Dabei kann jeder der Vertragspartner den Antrag alleine
stellen. Die Zustimmung des anderen ist nicht erforderlich. Erfreulicherweise können Sie seit dem
01.04.2022 bereits vor Beginn des Auftragsverhältnis durch eine Prognoseentscheidung den Status
klären. Jedoch entscheidet Clearingstelle lediglich über den Erwerbsstatus. Ob tatsächlich eine
Versicherungspflicht vorliegt, muss zusätzlich im Rahmen der Lohnerstellung geprüft werden.
Das Antragsformular kann auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung heruntergeladen
werden. Sie finden es unter „V0027 – Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus“. Dieses Formular
muss ausgefüllt und unterschrieben an die Clearingstelle in 10704 Berlin gesendet werden. Hierbei ist
es erforderlich, den Sachverhalt so genau wie möglich zu beschreiben und auch so umfangreich wie
nötig. Das Weglassen von wesentlichen Punkten, die zu einer falschen Entscheidung der
Clearingstelle führen, kann im Falle einer Prüfung negative Folgen nach sich ziehen.
Liegt Ihnen der Bescheid über die Feststellung des Erwerbsstatus vor, so ist dieser so lange gültig, wie
sich die Vertragsverhältnisse nicht geändert haben.

Eine weitere Variante stellt der „Arbeitnehmerähnliche Selbständige“ dar.
Wird Ihr Auftragnehmer als Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger eingeordnet, so liegt nur
Rentenversicherungspflicht vor. Dies ist der Fall, wenn Ihr Auftragnehmer zwar aufgrund des
Vertragsverhältnisses in wirtschaftlicher Abhängigkeit Dienstleistungen persönlich und im
Wesentlichen ohne Mitarbeit von sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern erbringt, aber nicht
persönlich von Ihnen abhängig ist. Dieser Auftragnehmer wird einem Arbeitnehmer vergleichbar als
sozial schutzwürdig eingeordnet.

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